Der gebürtige Grazer Clemens Maria Schreiner ist Kabarettist und Moderator. Er spricht mit Politikon über sein aktuelles Programm Krisenfest sowie übers Lachen und Helfen.

Politikon: Seit 2005 hast du einige Auszeichnungen bekommen – u. a. vom Grazer Kleinkunstvogel-Wettbewerb und zuletzt bekamst du 2020 sogar den österreichischen Kabarettpreis. Bitte erzähle von deinem aktuellen Programm und deinen Projekten.

Clemens Maria Schreiner: Meinen Programmen liegt immer eine zentrale Thematik zugrunde. Beim aktuellen Programm Krisenfest ist das der Optimismus. Ich bin selbst ein durchwegs optimistischer Mensch, habe mich aber erst in der Recherche für das Programm auch mit dem wissenschaftlichen Forschungsstand zum Thema „optimistisches Denken“ auseinandergesetzt. Und da stößt man in Neurowissenschaft und Soziologie auf erstaunliche Dinge! Nicht nur, dass unser Hirn von Natur aus zum Optimismus neigt – Optimismus erlaubt uns überhaupt erst, unsere Fähigkeit zur bewussten Planung der Zukunft sinnvoll einsetzten zu können.
Ich verstehe aber gut, dass manchen Menschen in Zeiten der Pandemie die Zuversicht abhandengekommen ist. Gerade deswegen wollte ich ein Programm auf die Bühne bringen, das den positiven Blick in die Zukunft zelebriert. Außerdem bekommen Gruppentänze, Waffenkonzerne und die österreichische Raumplanung ihr Fett weg. Das macht mir dann auch persönlich Freude.

Clemens Maria Schreiner, mal etwas ernster (C) Jan Frankl
Clemens Maria Schreiner, mal etwas ernster (C) Jan Frankl

Parallel dazu laufen die Vorbereitungen zur nächsten Staffel meiner Show Fakt oder Fake auf ORF1. Da haben wir uns ganz der Sensibilisierung gegenüber Fake News verschrieben – auf unterhaltsame und niederschwellige Art und Weise. Wir behandeln nicht die großen, politisch motivierten Fakes, sondern die, die alltäglich ganz nebenbei online um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Die Sendung hat Fans in allen Altersklassen. Schulkinder schauen gemeinsam mit ihren Eltern, rätseln über Fakt oder Fake und schulen ganz nebenbei eine kritische Medienkompetenz. Das ist ein Auftrag, der mir Freude macht!

Politikon: Viele Schauspieler:innen sagen, dass es die höchste Kunst überhaupt ist … also: Wie bringt man Leute zum Lachen?

Clemens Maria Schreiner: Ich glaube, da gibt es kein Patentrezept. Der Sinn für Humor ist sehr individuell, geradezu privat. Gleichzeitig wirkt gemeinsames Lachen extrem verbindend. Ein Publikum, das sich einen Abend lang kostenpflichtig dem Humorverständnis eines einzelnen Menschen auf der Bühne ausliefert – das ist schon ein großer Vertrauensvorschuss.

Ich generiere Humor in meinen Programmen oft über das Erzählen von Geschichten. Wenn ich es schaffe, in den Köpfen der Menschen Bilder lebendig werden zu lassen, dann erreiche ich sie auch mit meiner Komik. Zusätzlich braucht Humor natürlich immer das Element des Unerwarteten. Was nicht überrascht, ist auch nicht komisch. Ein Witz, dessen Pointe man schon vorhersieht, bringt einen ebenso wenig zum Lachen, wie wenn man sich selbst kitzelt.

Der Sinn für Humor ist sehr individuell, geradezu privat.

Das Schöne am Kabarett ist die Vielfalt der „Humorfarben“. Es ist ja ein sehr breit gefasstes Genre, das von musikalischem Nummernkabarett über Stand-Up-Comedy bis hin zu ausgesprochen theatralen Formen, alles umfasst. So finden sich alle Kabarettistinnen und Kabarettisten ihre eigene humoristische Nische: eine charakteristische Form beziehungsweise Nische des Humors, die das Publikum bei niemandem anderen so findet.

Politikon: Inwiefern gehören Gesellschaftskritik und Kunst für dich zusammen?

Clemens Maria Schreiner: Kunst hat immer ein Anliegen, eine Haltung, eine Botschaft. Mein Privileg als Kabarettist ist, dass Lachen ein exzellenter Türöffner für die Vermittlung sperriger Inhalte sein kann. Ich ziehe für mich persönlich die – oft diskutierte – Grenze zwischen Kabarett und Comedy: da gibt es ja die Gretchenfrage – ob ein Programm nur unterhalten, oder auch anregen, erhellen und vielleicht verstören soll. Gerade in einer Zeit, in der sich einige Künstlerinnen und Künstler mit, aus meiner Sicht, sehr entbehrlichen Äußerungen hervortun, ist es wichtig, Haltung zu zeigen und dem entgegenzutreten.

Politikon: Stichwort Haltung: Am 10.10.2021 bist du auf der jährlichen Kabarettgala Humor tut gut im Theater Akzent aufgetreten. Der Erlös geht an den Verein You are welcome, der sich für geflüchtete Menschen einsetzt. Dies ist bereits seit vielen Jahren ein sehr präsentes Thema in Österreich und Europa. Was hat dich persönlich dazu bewegt, dich für diese Benefizveranstaltung einzusetzen?

© Flyer von 10/21. Humor tut gut. You are welcome
© Flyer von 10/21. Humor tut gut. You are welcome

Clemens Maria Schreiner: Benefiz ist schon an sich ein schönes Wort. Bene facere, also „wohl tun“. Humor tut uns Menschen ganz generell gut, aber wenn der Erlös dann auch noch an ein Projekt geht, das den Menschen verpflichtet ist, die viele meiner Privilegien nicht teilen – dann ist das doppelt wohltuend. Dass sich Jahr für Jahr viele namhafte Kolleginnen und Kollegen bei Humor tut gut ohne Gage auf die Bühne stellen, zeigt, wie wichtig und unterstützenswert wir die Arbeit von Vereinen wie You are welcome finden.

Ich kann mich noch gut an Szenen erinnern, die sich 2015, zum Beispiel am Wiener Westbahnhof, abgespielt haben. Dezentrale, zivilgesellschaftlich organisierte Hilfe. Das war ein wunderbarer Spirit. Die engagierten Menschen hinter Vereinen wie You are welcome leben diese Hilfsbereitschaft jeden Tag. Davor, und vor den ganz konkreten Ergebnissen ihrer Arbeit für geflüchtete Menschen, habe ich großen Respekt.

Politikon: Die letzten zwei Jahre in zwei Worten:

Clemens Maria Schreiner: Soso, lala.

Politikon: Bitte um einen Flachwitz zum Abschluss!

Clemens Maria Schreiner: Als Kabarettist wird man gelegentlich aufgefordert, einen Witz zu erzählen. Ich erzähle dann immer den folgenden:

Ein Känguru hüpft durchs Outback. Aus dem Beutel schaut plötzlich ein Pinguin und flucht: „Scheiß Schüleraustausch!“

Danach musste ich noch nie einen zweiten Witz erzählen. Mission accomplished.

Politikon: (Interviewerin lacht) Vielen Dank, fürs Interview!

Website: https://rampensau.at/

Tickets: https://rampensau.at/woerterpresse/termine/

Über den Verein You are welcome:
Der Verein you-are-welcome teilt sich in zwei Arbeitsbereiche, der eine Zweig bietet für die nach Österreich geflüchteten Menschen Deutschkurse, ein Trauma-therapeutisches Netzwerk und integrative Aktivitäten, zurzeit hauptsächlich Outdoor- und Kulturprogramme aber auch Betreuung und Begleitung bei Amtswegen. Der Zweig „Pir“ organisiert Hilfe und Projekte vor Ort, wie zum Beispiel in Afghanistan und den Kurdengebieten in Nordsyrien.

Website: http://www.you-are-welcome.at/

Kabarettfans aufgepasst: Die nächste Gala findet im Theater Akzent am 20. Februar 2022 statt. Karten gibt es hier.

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