Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) hat wieder einmal Hochsaison: In Zeiten der globalen Pandemie und Wirtschaftskrise erhebt sich die Debatte wie ein Phönix aus der Asche. Das Bedingungslose Grundeinkommen sei der Messias, der uns ENDLICH aus der quälenden Ungleichheit befreit.
Dass es sich dabei nur um Symptombekämpfung handelt, hören seine Verfechter:innen nicht so gerne.
Gerade deshalb zählen wir für euch drei Gründe auf, wieso die Einführung des BGE aktuell keine gute Idee ist.

Geld vom Staat, bar auf die Hand, jeden Monat, ohne Bedingung. Klingt schon mal gut! Egal ob €450 oder €1.000 – gerade jetzt in der Coronakrise scheint jede Hilfe willkommen. Massenarbeitslosigkeit und steigende Lebenserhaltungskosten machen Debatten über soziale Ungleichheit wichtiger denn je. Dabei ist der Grundgedanke hinter dem BGE gar nicht so falsch: Jeder Mensch ist gleich viel wert und hat damit ein Recht auf ein gutes Leben. In der Realität ändert das BGE aber nicht viel – vielmehr ist es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das hat mehrere Gründe.

1. Das BGE verschlechtert die Situation für Einkommensschwache

Österreich verfügt aktuell über ein mehr oder weniger gutes soziales Auffangnetz – bestehend aus Versicherungen, bedarfsorientierten Leistungen, „universellen“ Leistungen und vielen anderen Möglichkeiten der sozialen Unterstützung.

Sozialsystem in Österreich

Gleichzeitig werden Österreich und die Europäische Union aktuell von Politiker:innen regiert, die eines gemeinsam haben: ein neoliberales Wirtschaftsdenken. „Weniger Staat, mehr Privat“ ist das herrschende Schlagwort dieser Politiker:innen. Am Beispiel des BGE würde dieser Leitsatz bedeuten, dass jeder Mensch eine Summe Geld pro Monat erhält und dann selbst für seine soziale Absicherung verantwortlich ist. Das heißt, das aktuelle soziale Netz würde verkleinert oder ganz zerschlagen werden. Wie in den USA müssten wir dann selbständig eine Krankenversicherung abschließen, für die Pension selber vorsorgen oder uns ständig um eine individuelle Arbeitslosenversicherung kümmern. Das kostet nicht nur viel Zeit, sondern ist noch dazu sehr kompliziert. Das ebnet den Weg für die Ausbeutung schlecht informierter Menschen und für eine Masse an Unversicherten.

2. Das Problem mit der Inflation – warum „mehr Geld“ nicht unsere Probleme löst

Es gibt aber noch eine weitere Sache, die von den Verteidiger:innen des BGE oftmals vergessen wird: Wenn durch die Einführung des BGE alle mehr Geld zur Verfügung haben – wer hält große Konzerne eigentlich noch davon ab, einfach die Preise für ihre Produkte anzuheben? Genau, niemand. Die 1.000,- Euro, die du durch das BGE bekommen würdest, wären dann schnell gar nichts mehr wert. Sowas nennt sich Inflation.

Diese erwartete Inflation würde das zusätzliche Einkommen sehr schnell wieder auffressen, besonders, wenn gleichzeitig das soziale Sicherheitsnetz schwächer wird.

Allen Prognosen nach führt ein BGE zu einer erhöhten Inflation, die das zusätzliche Einkommen ganz schön schnell wieder auffrisst
Allen Prognosen nach führt ein BGE zu einer erhöhten Inflation, die das zusätzliche Einkommen ganz schön schnell wieder auffrisst. Foto (c) Emil Kalibradov

Gleichzeitig verhindert das BGE, dass sich Menschen gemeinsam für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und höhere Löhne einsetzen. Zumindest für die erste Zeit nach Einführung eines BGE werden alle zufrieden mit dem Geld sein. Es fehlt dann an der Motivation und den Strukturen, um auch langfristig für ein besseres Leben für alle zu kämpfen. Menschen, die z.B. durch die Digitalisierung ihren Job verlieren, werden dann mit dem BGE einfach abgespeist. Sozial ist daran genau gar nichts.

3. Bedingungslos ist nicht gleich bedingungslos – das BGE diskriminiert nach Herkunft

Grundeinkommen ja, bedingungslos nein - der Philosoph Richard David Precht hat sich viel mit dem BGE beschäftigt und ist dabei sozialreaktionär geblieben
Grundeinkommen ja, bedingungslos nein – der Philosoph Richard David Precht hat sich viel mit dem BGE beschäftigt und ist dabei sozialreaktionär geblieben. Foto (c) Gunther Glücklich

Beim BGE steckt der Schwindel schon im Namen. Nein, das bedingungslose Grundeinkommen ist alles andere als bedingungslos. In allen bisherigen Modellen ist das BGE nämlich an die Staatsbürger:innenschaft geknüpft. Und damit diskriminiert das BGE all diejenigen Menschen in Österreich, die zwar keinen österreichischen Pass oder langfristigen Aufenthaltstitel haben – aber trotzdem jeden Tag ihre Steuern zahlen.
Zusätzlich diskriminiert das BGE in Bezug auf ein gewisses Lebensalter. Das hat kürzlich sogar einer der bekanntesten Befürworter des BGE, der Lieblings-Philosoph des Feuilletons, Richard David Precht, zugegeben.

In einem Streitgespräch machte Precht deutlich, dass er Kindern kein Grundeinkommen bezahlen würde. Denn: Wer ein Grundeinkommen und keinerlei berufliche Perspektive habe, der solle gar nicht erst auf die Idee kommen, fünf Kinder in die Welt zu setzen. Auch dieses Beispiel zeigt: Das Bedingungslose Grundeinkommen ist an Bedingungen geknüpft und es ist außerdem zutiefst sozialreaktionär.

Armut bekämpfen? Dafür gibt’s bessere Methoden!

Das BGE hat ein ehrenhaftes Ziel: Armut und Ungleichheit zu beseitigen, dafür ein gutes, würdevolles Leben für alle zu ermöglichen. Das richtige Mittel ist es jedoch nicht.

Selbst wenn das BGE durch eine überschaubare Millionärssteuer oder Ähnliches finanziert werden würde, bleibt die wirtschaftliche (und damit auch politische) Macht trotzdem in den Händen weniger. An den grundsätzlichen Problemen des Systems ändert sich…? Richtig – Genau gar nichts!

Viel eher sollten wir über folgende Ideen diskutieren: Arbeitszeitverkürzungen gegen hohe Arbeitslosigkeit und den stetigen Anstieg von Burnouts und Überlastung. Oder die Besteuerung von Finanztransaktionen und Wertschöpfung, um das bestehende Sozial- und Gesundheitssystem krisensicher zu machen. Oder die Regulierung und Deckelung von Mieten und Preisen für lebensnotwendige Dinge (z.B. Strom, Heizung, Internet und Grundnahrungsmittel). Diese Maßnahmen sind allesamt effektiver als das BGE und tragen nachhaltig dazu bei, dass Menschen nicht länger der Spielball von Spekulation und Profitgier sein müssen.

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