Queer-Aktivismus in der Krise
Weltweit ist der Juni als Pride-Monat der Community von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LGBTIQ*) gewidmet und setzt ein starkes Zeichen für Menschenrechte, Akzeptanz und Liebe.
Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden im Jahr 2020 weltweit Christopher-Street-Day-Paraden abgesagt. Während in den vergangenen Jahren die Stimmung bei der Wiener Regenbogenparade – der Vienna Pride – laut und bunt war, war im Jahr 2020 auf der fast leeren Ringstraße die Stimmung gedrückt. Die Forderungen der LGBTIQ*-Community sind aber wegen der Pandemie nicht weniger laut. Der Diskriminierungsschutz ist in Österreich eine langjährige Forderung, die das Diskriminieren im Alltag wie bei der Wohnungsvergabe verbieten könnte. Obwohl sich die Grünen im Wahlkampf und bei Regenbogenparaden gerne mit Regenbogenfahnen in der Hand als weltoffene, LGBTIQ*-freundliche und vielfältige Partei präsentieren, stimmten sie im Nationalrat gemeinsam mit der konservativen ÖVP und der rechtskonservativen FPÖ mehrfach gegen den Antrag auf Diskriminierungsschutz. Das zeigt sehr deutlich, dass nicht überall Diversität und Inklusion drin ist, wo LGBTIQ* draufsteht.
Ein trauriger Blick in die Welt
Die Entwicklungen in Polen im Jahr 2020 sind alleine ein Grund, laut, bunt und gemeinsam auf die Straße zu gehen und für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität zu demonstrieren. Die Kampagne für die „LGBT-freien Zonen“ wurde Anfang 2019 von der rechtskonservativen Wochenzeitung Gazeta Polska gestartet. Ein Drittel Polens hat sich bisher zu „LGBT-freien“ Zone erklärt. Das sind mehr als 100 Gemeinden, die homosexuelle, bisexuelle oder transgender Personen als unerwünscht erklären. Dahinter steckt die Organisation „Ordo Iuris“, eine katholische Stiftung, die selbst in kleinen Orten Filialen hat und die Anträge für die Gemeinderät:innen schreibt. Die Initiative der Stiftung trägt den Namen „Stoppt die Pädophilie“. Allein durch den Namen der Initiative zeigt sich, mit welchen Vorurteilen und Mitteln gegen die LGBTIQ*-Community gearbeitet wird. Sie bedienen damit nämlich das Vorurteil, sexuelle Minderheiten würden zur sexuellen Gewalt gegen Kinder neigen.
Gewaltsame Übergriffe auf Personen der LGBTIQ*-Community stehen in Polen mittlerweile am Tagesprogramm, weshalb es fast unmöglich geworden ist, in diesen Gemeinden offen zu seiner Sexualität zu stehen.
Es wird Zeit, dass Europa nicht weiter zu sieht, wie Rechte von Minderheiten mit Füßen getreten werden.
In Ungarn wurde während der Corona-Pandemie unter den Augen der Europäischen Union nicht nur die Demokratie durch das Notstandsgesetz von Viktor Orban, Vorsitzender der Partei Fidesz – Ungarischer Bürgerbund und Ministerpräsident von Ungarn, in eine Diktatur verwandelt, sondern währenddessen auch massiv an den Grundrechten der LGBTIQ*-Community geschraubt. Das ungarische Parlament hat die rechtliche Anerkennung von transgeschlechtlichen Menschen unmöglich gemacht.
In Ungarn wurde im Juni 2021 ein Gesetz beschlossen, dass die Harry Potter-Buch- und Filmreihen erst ab 18 Jahren freigibt. Das Gesetz verbietet Bücher sowie Filme für Kinder und Jugendliche, in denen Sexualtiät dargestellt wird, die von der heterosexuellen Norm abweicht. Das Gesetz ist menschenfeindlich und setzt Homosexualtität mit dem Missbrauch von Kindern gleich. Damit ist es nicht nur ein Angriff gegen Rechte und Identität von LGBTIQ*-Menschen, sondern beschneidet auch die Freiheit von Meinungsäußerung und Unterricht.
Rund 7.300 Kilometer entfernt schraubte im Juni 2020 auch der damals amtierende Präsident Donald Trump, Republikanische Partei, an den Rechten von transgeschlechtlichen Menschen. Die US-Regierung hat eine vom ehemaligen Präsidenten Barack Obama geschaffene Regelung zum Schutz von Trans-Personen vor Diskriminierung im Gesundheitswesen zurückgenommen, damit kehrte die Regierung nun zur Interpretation des Wortes „Geschlecht“ als „männlich oder weiblich und wie von der Biologie bestimmt“ zurück.
Der amtierende Präsident Joe Biden, Demokratische Partei, kündigte im Mai 2021 allerdings die rasche Änderung des Gesetzes an. Künftig soll wieder gelten, dass Bundesgesetze, die Geschlechterdiskriminierung im Gesundheitswesen verbieten, auch für Homosexulle und Transgender gelten.
Gemeinsam gegen rückwärtsgewandte Politik
Weltweit hat die Pandemie Auswirkung auf die unterschiedlichen Lebensbereiche. Für LGBTIQ* ist die zusätzliche Herausforderung die mit dem Lockdown verbundene Isolierung. Den Juni in diesem Jahr besonders laut, bunt und vielfältig zu begehen, ist nicht nur ein wichtiges Zeichen des Widerstands an Rechtskonservative, sondern auch für die LGBTIQ*-Community selbst. Zusammenhalt ist gerade in Zeiten von starkem Gegenwind wichtig, denn nur gemeinsam können wir gegen diese undemokratischen und menschenverachtenden Entwicklungen in Polen oder Ungarn, sowie vielen anderen Ländern dieser Welt vorgehen.
„Hope will never be silent“, diese inspirierenden Worte von Harvey Milk, einem der prominentesten LGBTIQ*-Bürgerrechtler in den USA und der erste gewählte offen schwule Beamte Kaliforniens, zieren den Eingang zum Castro, dem Regenbogenstadtviertel in San Francisco. Harvey Milk glaubte an eine Welt, die die Rechte aller Menschen – ob hetero- oder homosexuell, ob männlich, weiblich oder transgeschlechtlich – ehrt und würdigt.
Quellen:
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200323_OTS0130/corona-virus-absage-der-vienna-pride-2020
https://kontrast.at/gruene-lgbti-homosexuelle-diskriminierungsschutz-oesterreich/
https://www.vice.com/de/article/qj8pqv/wie-rechtspopulisten-polen-nach-ihren-wuenschen-formen-lgbtq
https://www.diepresse.com/5994257/ungarisches-parlament-beschliesst-umstrittenes-anti-lgbt-gesetz
